Königin Luise (1776-1810)

Kronprinzessin Luise von Preußen
Johann Friedrich August Tischbein, Dessau 1796/97, Öl auf Leinwand,
Hofrat Simon Heinrich Sack’sche Familienstiftung, LVR-Niederrheinmuseum Wesel

Zu Lebzeiten war sie nur sporadisch hier, aber Preußen brachte auch den Mythos seiner „Königin der Herzen“ (August Wilhelm Schlegel) mit an den Rhein. Die Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz wurde schon bald nach ihrer Hochzeit 1793 mit dem Kronprinzen und späteren König Friedrich Wilhelm III. zur Berliner Mode-Ikone und „Werbeträgerin“ der Dynastie. Die betont bürgerliche Lebensweise des einander zugeneigten Königspaars in familiärer Gemeinschaft mit den Kindern stellte einen öffentlichkeitswirksamen Bruch mit dem traditionellen Erscheinungsbild dynastischer Ehen dar. Luise wurde zum beliebten Motiv bedeutender zeitgenössischer Dichter, Maler und Bildhauer und ein Idol des aufsteigenden Bürgertums.

Gegenüber den persönlichen Schmähungen durch die napoleonische Kriegspropaganda und in den Krisenjahren nach der katastrophalen militärischen Niederlage 1806 bewahrte die Königin Widerstandskraft und Würde. Überzeugt von der Notwendigkeit struktureller Reformen, stand sie Stein und Hardenberg zur Seite. Die legendäre Verklärung nach ihrem frühen Tod jedoch stilisierte Luise ganz als duldend-ertragende, fürsorgliche Frau und Mutter und opferbereite Patriotin mit märtyrerhaften Zügen.

Friedrich Wilhelm III. stiftete 1813 das Eiserne Kreuz ausschließlich für den neuerlichen Waffengang mit Frankreich und verband diese neue Auszeichnung symbolisch mit der verstorbenen Gemahlin. Hinzu kam 1814 die Stiftung des Luisen-Ordens zur Verleihung an Frauen für patriotische Pflegedienste und Hilfsleistungen.  Am Vorabend des Krieges 1870/71 wiederholte sich die Instrumentalisierung Luises als Schutzheilige gegen den französischen „Erbfeind“, indem König Wilhelm I. die Stiftung des Eisernen Kreuzes erneuerte. Preußische Mythen mutierten nun endgültig zu nationaldeutschen. So der „Alte Fritz“, das Eiserne Kreuz und eben die Königin Luise, verklärt als „preußische Madonna“ (Statue von Fritz Schaper, 1897) und institutionell verankert in Lehrplänen, Denkmälern und Festakten.

Der Mythos bestärkte die sentimentale Bindung zwischen Dynastie und Volk und lud die deutschen Mädchen und Frauen zur Identifikation ein. Dem vorherrschenden weiblichen Rollenbild entsprechend, wurde ihnen Luise (seinerzeit einer der beliebtesten Mädchennamen) als Sinnbild femininer Anmut und Tugendhaftigkeit und musterhafter Beschränkung auf Haus und Familie vorgestellt.

Luise war allgegenwärtig in Literatur, Bildender Kunst, in Erzeugnissen des Kunstgewerbes und des volkstümlichen Kitsches. Ihr Name zierte auch in der Rheinprovinz (zum großen Teil bis heute) Schulen, soziale Stiftungen, Krankenhäuser, Straßen, Plätze und Brücken.

Nach dem Ende der Monarchie verlor der Luisen-Mythos an Strahlkraft, blieb aber als Versatzstück besonders in rechtskonservativen und monarchistischen Milieus erhalten. Der 1923 gegründete „Bund Königin Luise“ (Selbstauflösung 1934), eine inoffizielle Frauenorganisation des deutsch-nationalen „Stahlhelm“, nahm die Königin nun für nationalistische, völkische und restaurative Ziele in Anspruch.

 

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