Orden und Ehrenzeichen

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Cornelius von Guaita, französischer Maire und erster preußischer Oberbürgermeister der Stadt Aachen, erhielt 1818 im Rahmen des Aachener Monarchenkongresses den Roten Adler-Orden dritter Klasse von König Friedrich Wilhelm III. von Preußen. Auf einem populären Portrait von Johann Baptist Joseph Bastiné ist er mit diesem Orden an der Seite seiner Tochter Maria Catherina Josepha abgebildet. Neben dem preußischen Ehrenzeichen sieht man außerdem das Kreuz der französischen Ehrenlegion auf seiner Brust, d.h. eine Auszeichnung, die Napoleon an besonders verdienstvolle Personen vergeben hatte.

Das Portrait verdeutlicht die Kontinuitäten und Brüche am Übergang der französischen zur preußischen Herrschaftsphase im Zuge der Neuordnung Europas auf dem Wiener Kongress 1815. Diese Ordnung beruhte auf den restaurativen Bestrebungen der sogenannten Heiligen Allianz und sollte 1818 auf einem Kongress in Aachen bekräftigt werden. Das europäische Gipfeltreffen brachte daher den preußischen Monarchen Wilhelm III., Zar Alexander I. und Kaiser Franz I. von Österreich sowie zahlreiche hochrangige Staatsvertreter vom 29. September bis zum 21. November 1818 in der alten Krönungsstadt Karls des Großen zusammen. Staatsdienern wie Guaita gaben solche Staatsbesuche einerseits die Chance, sich als loyale Gastgeber zu zeigen und für die Interessen der Bevölkerung einzutreten und boten den jeweiligen Herrschern andererseits die Gelegenheit, sich ein Bild von ihrem Territorium zu machen und ihre Vertreter vor Ort durch Zuwendungen und die Vergabe von Orden und Ehrenzeichen an sich zu binden.

Der Orden der Ehrenlegion hob erstmals den Gegensatz zwischen Verdiensten des Soldatentums und der Zivilbevölkerung auf und stand somit in Tradition zu den Idealen der Französischen Revolution. Analog dazu setzte der preußische König die Verleihung des preußischen Adlerordens zur Belobigung, Streitschlichtung und Motivation ein, sodass staatskritische, rheinische Liberale im frühen 19. Jahrhundert ebenso ausgezeichnet wurden wie Angehörige des preußischen Uradels. Gegebene Standesunterschiede konnten dabei durch klassifizierte und materialisierte Abstufungen zum Ausdruck gebracht werden.

Auch Frauen, die sich ab 1815 zunehmend in wohltätigen und patriotischen Vereinen organisierten und am politischen Leben teilhatten, erhielten die königliche Anerkennung. In Andenken an seine verstorbene Ehefrau stiftete König Wilhelm III. 1815 den Luisenorden, der in den darauffolgenden Jahren erneuert und an bis zu 100 Frauen im Jahr verliehen wurde. Im Kaiserreich hatten das Eiserne Kreuz und die Verdienstzeichen des 1866 durch die spätere Kaiserin Augusta gegründeten Vaterländischen Frauenvereins einen hohen Stellenwert in der Bevölkerung.

Insofern transportierten Orden bestimmte Wertvorstellungen, die Träger und Stifter miteinander teilten. Dabei führte die Verbreitung der Staatsidee unabhängig vom französischen Kaiserkult und der preußischen Gehorsamspflicht zu einem Bedeutungszuwachs der Gemeinwohl-Orientierung, auf die die jeweiligen Herrscher mit der Vergabe von Orden bewusst Bezug nahmen um ihrerseits für das Wohl der Bevölkerung einzustehen. Hieraus erklärt sich, warum Guaita und zahlreiche andere Beamte nach dem Herrschaftswechsel 1815 ihre Verbundenheit zu Frankreich und zu Preußen öffentlich zur Schau stellten.  Für sie brachte das Tragen von französischen und preußischen Herrschaftszeichen einen herausragenden sozialen Status und eine doppelte Legitimation ihrer Amtstätigkeit mit sich. Die wechselhafte politische Zugehörigkeit trug dann dazu bei, dass sie als Repräsentanten der lokalen Bevölkerung hohes Ansehen genossen.

(Katharina Thielen, 10.2.2022)

Literatur:

Duchhardt, Heinz: Der Aachener Kongress 1818. Ein europäisches Gipfeltreffen im Vormärz. München 2018.

Haas, Stefan/Hackspiel-Mikosch, Elisabeth (Hg.): Die zivile Uniform als symbolische Kommunikation. Kleidung zwischen Repräsentation, Imagination und Konsumption in Europa vom 18. bis zum 21. Jahrhundert. München 2006 (Studien zur Geschichte des Alltags 24), S. 13–46.

Haas, Stefan: Die Kultur der Verwaltung. Die Umsetzung der preußischen Reformen 1800–1848. Frankfurt a. M./New York 2005.

Henning, Hansjoachim (Hg.): Die deutsche Beamtenschaft im 19. Jahrhundert. Zwi-schen Stand und Beruf. Stuttgart 1984. Veltzke, Veit (Hg.): Napoleon. Trikolore und Kaiserad¬ler über Rhein und We-ser. Köln/Weimar/Wien 2007.


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Eisernes Kreuz (LVR-Niederrheinmuseum Wesel).
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Diakonisse mit Luisenorden (LVR-Niederrheinmuseum Wesel).
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