Oberpräsidium
Gemeinde(n): Koblenz
Kreis(e): -
Bundesland: Rheinland-Pfalz
Adresse: Stresemannstraße 3-5, 56068 Koblenz
Architekt(en): Alfred Bohnstedt (*1851 †1906),
Baujahr: 1907–1910
Als Karl Heinrich Ludwig Freiherr von Ingersleben (1753-1831) am 30. März 1816 sein neues Amt als oberster Beamter der Provinz Großherzogtum Niederrhein in Koblenz antrat, bezog er zunächst das ehemalige Wohnhaus des Grafen von Boos am Paradeplatz. Nach dem Tod des Oberpräsidenten der Provinz Jülich-Kleve-Berg Friedrich zu Solms-Laubach (1769-1822) in Köln wurden die Provinzen zusammengelegt und von Ingersleben in Koblenz geleitet. Mit der Restaurierung des ehemaligen Residenzschlosses des Trierer Kurfürsten Clemens Wenzeslaus von Sachsen erhielt das Oberpräsidium der neuen Rheinprovinz 1844 einen dauerhaften, repräsentativen Sitz, der zu Beginn des 19. Jahrhunderts nicht mehr ausreichte. 1905 wurde daher der Antrag für ein neues Verwaltungsgebäude auf dem nördlichen Terrain des Schlossgeländes gestellt und von Kaiser Wilhelm II. genehmigt.
Zwei Jahre später wurden die Bauarbeiten auf der Basis der Pläne des Baurats Alfred Bohnstedt begonnen. Für die Durchführung der Entwürfe der Bauräte Saran und Thielen war Regierungsbaumeister Loewe zuständig. Die Kosten beliefen sich auf fast 2 Millionen Mark (1.954.936 Mark). Mit der Fertigstellung im Jahr 1910 nahmen das Oberpräsidium, die Rheinstrombauverwaltung und das Provinzial-Schulkollegium Sitz in der damaligen Kronprinzenstraße. Der schmale, durch Pavillons gegliederte Grundriss und die historistische Fassadengestaltung stellen eine optische Verbindung zu dem nahegelegenen Schloss her. Im Osten des dreigeschossigen, 170 Meter langen Gebäudes schließt sich das quadratische Wohngebäude des Oberpräsidenten an. Als Baumaterialien wurden Bims- und Ziegelsteine verwendet. In den Fensterbrüstungen zur Frontseite am Rheinufer wurden acht Halbreliefs der ersten Oberpräsidenten angebracht.
In dem Zeitraum von 1920 bis 1929 diente das Gebäude dem französischen Oberkommissar Paul Tirard (*1879 †1945) und der interalliierten Rheinlandkommission als Verwaltungszentrum für die besetzten linksrheinischen Gebiete. Bei einem Luftangriff während des Zweiten Weltkriegs wurden der kunstvoll ausgestaltete geschweifte Giebel über dem Eingangsportal, der Dachstuhl und die dort untergebrachte Kanzlei sowie das Wohngebäude fast vollständig zerstört. Von den acht Zierportraits der Oberpräsidenten blieben nur fünf erhalten: Karl Ludwig von Ingersleben (1816–1831), Philipp von Pestel (1831–1834), Ernst von Bodelschwingh Velmede (1834–1842), Eduard von Schaper (1842–1845) und Adolf von Pommer Esche (1858–1871).
Nach einem veränderten Wiederaufbau wurde das ehemalige Oberpräsidium ab 1947 als provisorischer Sitz und Tagungsstätte der ersten rheinland-pfälzischen Landesvertretung gebraucht. Mit dem Umzug nach Mainz per Landtagsbeschluss vom 16. Mai 1950 übernahm die Bezirksregierung Koblenz das Hauptgebäude. Im ehemaligen Wohngebäude wurden Teile der Justiz untergebracht. Seit der Auflösung der Bezirksregierungen im Jahr 1999 übernimmt die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord (SGD) dort einen Teil der vormaligen Verwaltungsaufgaben der Regierung. An die ehemalige Hauptstadtfunktion von Koblenz erinnert das Wappen der Rheinprovinz über dem mittleren Eingangsportal.
(Katharina Thielen, 20.2.2022)
Literatur:
Dellwig, Hans-Helmut/Kallenbach, Reinhard (Bearb.): Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Stadt Koblenz Bd. 3.2. Mainz 2004, S. 180f.