„Mäuseturm“ in Bingen
Gemeinde(n): Bingen am Rhein (Rheinland-Pfalz)
Kreis(e): Mainz-Bingen
Bundesland: Rheinland-Pfalz
Adresse: Mäuseturm, 55411 Bingen am Rhein
Architekt: Entwurf: Philipp Ludwig Butzke, Eduard Adolph Nobiling und Julius Gärtner, Ausführung: Ernst Friedrich Zwirner (1802-1861) und Friedrich Albert Cremer (1824-1891)
Baujahr: 14. Jahrhundert, Umbau 1855-1856
„Ich wußte, daß ich, bevor ich Bingen erreichen würde, kurz vor der Mündung der Nahe auf ein merkwürdiges Bauwerk stoßen würde, ein düsteres Gemäuer, das im Röhricht mitten im Fluß zwischen zwei hohen Bergen steht.“, schrieb Victor Hugo auf seiner Reise an den Mittelrhein. Das Bauwerk, was er beschrieb, war der „Mäuseturm“, der im 14. Jahrhundert als Wehr- und Wachturm der Burg Ehrenfels auf der Rheininsel bei Bingen entstand. Ursprünglich als „Mautturm“ errichtet, bildete er zusammen mit Burg Ehrenfels ein Zoll-Sperrsystem. Im 19. Jahrhundert war der „Mäuseturm“ für Maler ein beliebtes Bildmotiv. Mit ihm ist die Sage verbunden, dass der Mainzer Erzbischof Hatto im Turm von Mäusen gefressen wurde, was neben Victor Hugo auch Schriftsteller wie Clemens Brentano und Ferdinand Freiligrath inspirierte.
Während des Dreißigjährigen Krieges und im Pfälzischen Erbfolgekrieg 1689 wurde der Turm zerstört. Nach dem Wiener Kongress von 1814/15 war der „Mäuseturm“ die Grenzmarke zwischen dem Königtum Preußen, Hessen-Darmstadt und Nassau. Das preußische Wappen war sichtbar angebracht. 1855 und 1856 wurde ein neugotischer Turmaufsatz ergänzt. Erste Ideen zum Entwurf stammen von Rhein-Schifffahrts-Inspektor Philipp Ludwig Butzke, Strombau-Direktor Eduard Adolph Nobiling und Wasser-Bauinspektor Julius Gärtner. Der Entwurf wurde von König Friedrich Wilhelm IV. eigenhändig abgeändert und schließlich vom Kölner Dombaumeister Ernst Friedrich Zwirner und dem Architekten Friedrich Albert Cremer ausgeführt.
Von 1850 bis 1974 diente er als Signalturm für die Rheinschifffahrt. Für die Schifffahrt war die Fahrrinne auf den nördlichen Rheinkilometern bei Bingen wegen ihrer Riffe über Jahrhunderte gefährlich und ohne Lotsen nicht möglich. Mit der Verbreiterung der Fahrrinne wurde diese Funktion als Signalturm 1973/74 aufgegeben.
Literatur (Auswahl):
Paul Custodis, Preußen an Rhein und Mosel, (Rheinische Kunststätten, Heft 561), Köln 2015
Victor Hugo, Der Rhein - Briefe an einen Freund, Köln 2012
Jan Werquet, Historismus und Repräsentation. Die Baupolitik Friedrich Wilhelms IV. in der preußischen Rheinprovinz (Kunstwissenschaftliche Studien 160), Berlin und München 2010, S. 349-352
Weitere Spuren in der Architektur