BIOGRAPHIEN

Christoph Wilhelm Henrich Sethe – Ein preußischer Beamter im Dienst Napoleons

Altersportrait des Präsidenten Christoph Wilhelm Henrich Sethe, Adolph Henning, Berlin um 1840, Öl auf Leinwand, Familiensammlung Dr. von Sethe © LVR-Niederrheinmuseum Wesel

Sethe (1767-1855) stammte wie seine Ehefrau Henriette Philippine, geb. Sack (1772-1830) aus einer alteingesessenen Klever Beamtenfamilie. Nach dem Jurastudium in Duisburg, Halle und Göttingen trat er 1791 als Assessor bei der Regierung in Kleve ein und wurde 1803 zur neu gebildeten preußischen Regierung in Münster versetzt. 

Nach dem Frieden von Tilsit 1807 entband König Friedrich Wilhelm III. seine Beamten in Westdeutschland von ihrem Amtseid. Der ehemalige Regierungsrat Sethe wurde zunächst kommissarisch nach Düsseldorf berufen, wo er an der Einführung des französischen Rechts- und Verwaltungswesens im Großherzogtum Berg mitwirkte. Seit dem 1. Januar 1810 galt hier der Code Napoléon. Sethe wurde 1811 zum Generalprokurator (Generalstaatsanwalt) des Appellationsgerichts in Düsseldorf und zum Mitglied des bergischen Staatsrates berufen. Seine Familie siedelte nun von Münster nach Düsseldorf über. Der älteste Sohn Christian (1798-1857) wurde hier ein Schulfreund Heinrich Heines. Die Freundschaft hatte auch später an der Universität Bonn und während Heines Exil in Paris bestand. Der Dichter hat den gemeinsamen Jugendtagen ein literarisches Denkmal gesetzt („Ode an Christian Sethe“. „Ideen. Das Buch le Grand“).

Der Generalprokurator Sethe war sowohl der Zentralbehörde in Paris als auch dem bergischen Generalkommissar Beugnot rechenschaftspflichtig. Im Zusammenhang mit neuen, vermehrten Aushebungen zum Militär kam es im Januar 1813 in einigen bergischen Kantonen zu Unruhen („Knüppelrussen“-Aufstände). Bei der strafrechtlichen Verfolgung hielt sich Sethe strikt an das geltende Recht, was zur Freilassung zahlreicher willkürlich Verhafteter führte. Seine Amtsführung stieß auf massive Kritik der Vorgesetzten. Sethe wurde nach Paris zitiert, wo er einige schwere Wochen durchlebte. Man konfrontierte ihn mit dem Vorwurf, die „politische Funktion“ seines Amtes nicht zur Geltung gebracht und das Vorgehen der Regierungs- und Militärorgane in Berg behindert zu haben. Sethe konnte die Vorwürfe sachlich entkräften, nicht jedoch das Ressentiment, das man ihm als ehemaligen preußischen Beamten entgegenbrachte. Der Minister-Staatssekretär für das Großherzugtum Berg ließ ihn schließlich nach Düsseldorf zurückkehren, stellte jedoch den Abschluss seiner Angelegenheit unter den Vorbehalt einer persönlichen Entscheidung durch den Kaiser. Diese ist dann nicht mehr ergangen. 

1814 kehrte Sethe in den preußischen Staatsdienst zurück, wurde 1815 Justizorganisationskommissar für die Rheinprovinzen und im März 1816 Oberlandesgerichtspräsident in Münster. Im Juni desselben Jahres übertrug ihm der König den Vorsitz der Immediat-Justiz-Kommission für die Rheinprovinzen. An der Entscheidung, das Französische Recht in den preußischen Rheinprovinzen vorerst beizubehalten, war Sethe maßgeblich beteiligt. 1819 wurde er zum Präsidenten des neu errichteten Rheinischen Kassationshofes in Berlin ernannt, 1820 in den preußischen Staatsrat berufen. In beiden Funktionen wirkte er nachhaltig für die endgültige Beibehaltung des sogenannten „Rheinischen Rechts“ und machte aus seiner Überzeugung kein Hehl, dass es geboten sei, die wesentlichen Inhalte und Institute der rheinischen Rechts- und Gerichtsordnung in ganz Preußen einzuführen. Im Zuge der Revolution 1848/49 erlebte er noch die nahezu völlige Angleichung der altpreußischen an die rheinischen Justizverhältnisse. Die preußische Verfassung von 1850 sah dann nur noch einen obersten Gerichtshof in Berlin vor. König Friedrich Wilhelm IV. verfügte 1852 die Vereinigung des Obertribunals mit dem Rheinischen Revisions- und Kassationshof. Nach 65jährigem Staatsdienst trat der Präsident Sethe in den Ruhestand.   

Der vielseitig gebildete und weltoffene Sethe gilt als einer der bedeutendsten Juristen seiner Zeit und gleichzeitig als charakteristische Erscheinung in der altpreußischen höheren Beamtenschaft. Als er 1847 zum 60jährigen Dienstjubiläum mit dem Schwarzen Adlerorden ausgezeichnet wurde, machte er allerdings von der damit verbundenen Erhebung in den preußischen Adelsstand keinen Gebrauch. Darin äußerte sich ein gewisser niederrheinischer Bürgerstolz – ein Sethe brauchte für sein Ansehen und Selbstgefühl kein „von“ vor dem Namen.

Weitere Unterthemen: 

> Revolutionäre Ereignisse am Niederrhein 

> Preußens Arrangement mit Frankreich - Der Friede von Basel

> Das Empire am preußischen Niederrhein

> Säkularisation

> Aufstand gegen das Empire – Der Zug Ferdinand von Schills 1809 

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